Finanzamt England: Alles was Sie zu HMRC wissen sollten

Zum britischen Steuersystem gehört auch die zugehörige Steuerbehörde – Her Majesty's Revenue and Customs, kurz HMRC – über die jeder Steuerzahler im Vereinigten Königreich Bescheid wissen sollte.

Von der britischen Einkommensteuer bis hin zu Mehrwertsteuer VAT gibt es viele Steuersätze, die an den englischen Fiskus bezahlt werden müssen. Neben Regeln und Vorschriften ist es außerdem immer gut, mehr über die Mentalität und Arbeitsweise vom Finanzamt im jeweilen Land zu erfahren.

Auf dieser Seite widmen wir uns deshalb nicht nur einem kompakten Überblick über die Zuständigkeitsbereiche von HMRC, sondern bieten Ihnen dank unserer jahrelangen Erfahrung mit den Behörden in England auch einen exklusiven Blick hinter die Kulissen.

HMRC – Majesty's Revenue and Customs

HM Revenue and Customs (His Majesty's Revenue and Customs, bis zum Tod der Queen Her Majesty's Revenue and Customs, oder kurz HMRC) ist die Bezeichnung für die britische Steuerbehörde, deren Hauptsitz sich in London befindet.

Sie ist nicht nur für Erhebung der Steuern auf Bundesebene gemäß der aktuellen Steuersätze, sondern auch für die Auszahlung bestimmter staatlicher Unterstützungen sowie die Verwaltung einiger staatlicher Regulierungssysteme im UK wie die Vergabe der englischen Sozialversicherungsnummer zuständig.

Steuer & Co.: Aufgaben, Zuständigkeiten

Ob natürliche Person mit Wohnsitz in England, die ihre Einkommensteuer (auf ihr Einkommen, abzüglich vom Freibetrag) an den Staat bezahlen muss oder Unternehmer mit nicht-britischer Gesellschaft, die sich im Zuge von Verkäufen ins Königreich für die britische Mehrwertsteuer (UK VAT bzw. Steuer-Identifikationsnummer Großbritannien) registrieren muss – sie alle kommen im Zuge ihrer steuerlichen Erfassung und Abgabe mit HMRC in Berührung.

Zu den relevanten Steuern gehören z.B. die Einkommensteuer (Income Tax, die im Zuge der jährlichen Steuererklärung/Tax Return bzw. monatlich über den Arbeitgeber bezahlt wird – hier mehr zur persönlichen Steuererklärung im UK), Mehrwertsteuer (Value Added Tax, kurz VAT), Körperschaftsteuer (Corporation Tax), Erbschaftsteuer (Inheritance Tax) und mehr.

HMRC stellt sowohl Personen als auch Gesellschaften in England eine Reihe von Ressourcen zur Verfügung, informiert je nach Steuerart über die Höhe von Freibetrag und Steuersatz und unterstützt ggf. bei individuellen Fragen rund um die Steuerpflicht im UK.

Informationen rund um das Steuersystem in England

Auf der Website vom britischen Finanzamt finden Sie eine Übersicht mit Informationen und genauen Daten zu allen möglichen Themen im Zusammenhang mit der Besteuerung, z. B. zu Abgabefristen, Einkommensarten, die für Steuererleichterungen in Frage kommen, und andere Steuergutschriften.

Außerdem gibt es Anleitungen zum korrekten Ausfüllen verschiedener Formulare und Adressen, wo Sie per E-Mail Kontakt aufnehmen können.

Neben der Unterstützung bei persönlichen Steuerfragen rund um Income Tax und Co. kann das HMRC auch Unternehmen beraten, wie sie ihre Finanzen am besten verwalten und sicherstellen können, dass sie sich an die Gesetze halten z.B. beim Thema Lohnabrechnung (UK Payroll) oder hinsichtlich etwaiger Abzüge bei der Körperschaftsteuer oder beim Einreichen der Steuererklärung (UK Tax Return).

HMCR und UK-Businesses (z.B. Limited Companies)

Wenn Sie eine UK-Limited (oder eine Limited Liability Partnership) gründen, wird das britische Finanzamt benachrichtigt. In der Regel wird Ihnen die Unique Taxpayer Reference (UTR) der Gesellschaft dann automatisch zugeschickt.

Anschließend muss die steuerliche Erfassung bzw. Registrierung des Unternehmens für jede relevante Steuerart durchgeführt werden – z.B. Körperschaftsteuer bzw. Corporation Tax (hier mehr dazu) und Mehrwertsteuer bzw. Value Added Tax VAT (Näheres auf dieser Seite).

Nicht-britische Gesellschaften, die Waren und Dienstleistungen ins UK verkaufen, müssen sich um die VAT-Registrierung vor Ort selbst kümmern. Hier erfahren Sie mehr zum Thema.

Corporation Tax Return

Bei der Registrierung ermittelt die Finanzbehörde den Abrechnungszeitraum der Gesellschaft. Das Steuerjahr richtet sich in Großbritannien dabei meist nach dem Datum der Firmengründung.

Nach Abschluss des Geschäftsjahres müssen Sie den Tax Return der Firma (hier mehr dazu) einreichen. Corporation Tax bzw. Körperschaftsteuer wird von der Gesellschaft selbst ermittelt.

Die Höhe der UK-Steuer richtet sich dabei nach dem Gewinn, also sämtlichen Einnahmen abzüglich ausbezahlter Gehälter, Auslagen und anderer Ausgaben.

Besteuerung von Limited Liability Partnerships

Bei UK LLPs wird keine Corporation Tax fällig. Einen Jahresabschluss bzw. Partnership Tax Return für das jeweilige Steuerjahr, ist aber trotzdem einzureichen (hier mehr dazu).

Die Members müssen aber ggf. einen Personal Tax Return einreichen, bei dem die Einnahmen der Gesellschaft in der Einkommensteuer (Income Tax) berücksichtigt werden.

Hier entscheiden die Umsätze über eine VAT-Registriertung, beim Überschreiten von den jeweiligen Schwellenwerten oder einem Freibetrag muss auch die Partnership Mehrwertsteuer in Großbritannien bezahlen.

Dem Thema Besteuerung im UK haben wir hier eine eigene Seite gewidmet.

Blick hinter die Kulissen: Politisches Klima & Mentalität bzw. Arbeitsweise von HMRC

Hier konnten Sie noch bis vor kurzem einen Abschnitt vorfinden, in welchem wir die britische Steuerbehörde HMRC als krasses Gegenbild zur deutschen Finanzverwaltung vorgestellt hatten – pragmatisch, einigermaßen unternehmerfreundlich und bei weitem nicht so ideologisch radikalisiert wie die deutschen Kollegen.

Besagten Abschnitt mussten wir nun entfernen, denn er entspricht nicht mehr den Tatsachen – leider, wie wir finden.

Man könnte meinen, dass Her Majesty's Revenue and Customs bei den deutschen Finanzämtern in die Lehre gegangen ist. Methoden, die bislang im UK gänzlich unbekannt waren, werden über Nacht auch in England zur Normalität.

Ist HMRC bei der deutschen Finanzverwaltung in die Lehre gegangen?

Eine gewisse autoritäre – um nicht zu sagen repressive – Denkweise scheint sich auch bei der britischen Finanzbehörde durchzusetzen. Opfer dieser neuen Mentalität der Machtausübung sind vor allem kleine und mittelständische Unternehmen.

Wie in Deutschland, werden auch in England große Unternehmen hofiert und genießen einen gepflegten Umgang mit den Steuerbehörden.

Aber alles der Reihe nach: Während im deutschsprachigen Raum die Finanzbehörden historisch eher den Ruf einer Finanzpolizei genießen, hatte sich das englische Finanzamt HMRC immer durch ein behördliches und verwaltungstechnisches Selbstverständnis ausgezeichnet.

Finanzpolizei oder Finanzbehörde?

Steuern zu erheben und wo nötig einzutreiben, war im Grundsatz kein staatlicher Gewaltakt, sondern ein Teil der öffentlichen Verwaltung. Man ging zivil, rücksichtsvoll und respektvoll mit dem Steuerzahler um.

Pauschalisierte Verdächtigungen und Beschuldigungen waren in England gänzlich unüblich. Man sah vor allem den Unternehmer nicht per se als Steuerhinterzieher, den es zu enttarnen gilt.

Freilich konnte auch HMRC hart durchgreifen. Ein solch robustes Vorgehen war im Bewusstsein der Bevölkerung jedoch lediglich für das organisierte Verbrechen vorbehalten. Auch wurden solche Maßnahmen eher als Drohkulisse verstanden und um ein Exempel zu statuieren.

Der Normalbürger konnte sich in England nicht vorstellen, davon auch nur entfernt betroffen zu sein.

Historisch ein deutlich handzahmeres Vorgehen

Dass eine Finanzbehörde z. B. Polizeigewalt hat oder Konten von säumigen Steuerzahlern einfrieren oder pfänden kann – war in England bis zur Änderung vor Kurzem völlig undenkbar.

Heute ist es leider Realität, zumindest in der Theorie. Uns ist persönlich kein Fall bekannt, bei dem es dazu gekommen wäre.

Früher UK-Gesetzgebung auf Seite des Steuerzahlers

Auch war die Gerichtsbarkeit in England fast immer auf der Seite der Bürger. HMRC steckte früher laufend peinliche Niederlagen vor Gericht ein. Und dies selbst dann, wenn die Steuerbehörde in der Sache recht hatte.

In vielen dieser Fälle befanden die Gerichte, dass HMRC im Kontext der Vollstreckung absolut unverhältnismäßig reagiert hat. Oder das Gericht entschied, dass der für die Steuererhebung maßgebliche Gesetzestext so schwammig formuliert ist, dass dem Steuerzahler kein Vorwurf zu machen ist, wenn er diesen zu seinen Gunsten auslegt.

Auch diese bürgerfreundliche Mentalität der Gerichtsbarkeit gehört nun auch in England bedauerlicherweise der Vergangenheit an.

Was hat sich in diesem Zusammenhang verändert?

Die britische Regierung unter den Konservativen hat in den letzten Jahre eine Reihe von vergleichsweise bescheidenen steuerlichen Vergünstigungen und Steuererleichterungen für Bürger und Unternehmen implementiert.

Auf Seiten der britischen Regierung ist man nun der Meinung, dass im Gegenzug für diese Großzügigkeit die Einhaltung der Vorschriften mit aller Härte durchgesetzt wird. Es soll keinen Raum mehr für Kulanz und individuelle Umstände in England geben. Man will in Bezug auf Steuern und Steuereinnahmen durchgreifen.

Was ist also die aktuelle Philosophie von HMRC?

Wie bereits oben erwähnt, wurde HMRC in diesem Kontext mit einer Reihe von neuen Machtbefugnissen ausgestattet. So kann die Behörde indessen auch ohne Gerichtsbeschluss Konten pfänden (allerdings nur nach mehrmaliger schriftlicher Warnung).

Weiterhin können jetzt ohne lange Voranmeldung Steuerprüfer bei Unternehmen auftauchen – nur eine Voranmeldung ist immer noch notwendig.

Daneben hat sich HMRC in England Zugriff auf alle möglichen Datenquellen geben lassen – so z. B. PayPal und eBay und forscht so seit Einführung nach Personen, die bei ihrer britischen Steuererklärung und ihrer Einkommensteuer geschummelt haben.

Auch Airbnb Vermieter sind bereits ins Fadenkreuz des HMRC geraten, genauso wie Krypto-Investoren.

Ist HMRC wie das deutsche Finanzamt 2.0?

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass HMRC im Vorgehen forscher wird und härter durchgreift. Es ist davon auszugehen, dass es sich dabei um eine Entwicklung handelt, die noch nicht abgeschlossen ist.

Deutsche Zustände herrschen aber in England noch nicht. Diese Feststellung soll nicht als Entschuldigung für schlampige Buchhaltung und die Missachtung der Steuergesetze dienen.

Vielmehr soll damit ausgesagt werden, dass unserer Erfahrung nach HMRC immer noch unternehmerfreundlicher ist als die deutschen Finanzämter. Es ist mit Gängelei von HMRC zu rechnen – aber noch immer mit deutlich weniger Gängelei als von einem Finanzamt in Deutschland.

Keine Panik im Umgang mit dem Finanzamt in England

Das britische Finanzamt ist hinsichtlich der Absetzbarkeit von Betriebsausgaben weitaus großzügiger – beispielsweise auch, was Bewirtung, Reisekosten ins Ausland und ähnliche Punkte betrifft (die Steuersätze reduzieren können), die in Deutschland schon jede Menge Papierkrieg mit sich bringen.

Pragmatismus beim Thema Steuer

Auch ist generell die Steuergesetzgebung in England erheblich weniger umfassend und komplex als in Deutschland und den anderen deutschsprachigen Ländern der Europäischen Union. Der Brite ist deutlich pragmatischer und lässt noch immer mit sich reden.

Betriebsprüfungen im UK

Betriebsprüfungen sind in England deutlich seltener als in Deutschland. Unserer Erfahrung nach werden die wenigsten UK-Unternehmen überhaupt irgendwann einmal im Laufe ihrer Unternehmensgeschichte geprüft.

Jahresabschlüsse in England

Auch Jahresabschlüsse werden in Großbritannien höchst selten und allenfalls stichprobenartig geprüft.

Aufgrund der Tatsache, dass UK Gesellschaften sehr schnell zu gründen und zu schließen sind, ist es in Großbritannien außerdem nicht unüblich, bei zu erwartenden Problemen mit dem englischen Finanzamt (natürlich kein Steuerstraftatbestand) die UK-Gesellschaft kurzfristig zu schließen und durch eine neue Gesellschaft zu ersetzen.

Fazit zum britischen Finanzamt

Ganz egal, ob Privatperson oder Unternehmen in Großbritannien, Ausländer oder Brite – es ist wichtig, rund um das Thema Steuern, deren Einreichung und Begleichung seine Pflichten und Rechte genau zu kennen.

Auch wenn sich die Mentalität des englischen Fiskus in den letzten Jahren immer mehr in Richtung Deutsch entwickelt hat, sitzt am anderen Ende mit dem jeweiligen Sachbearbeiter eine nomale Person – wenn auch mit einer speziellen Terminologie, die manchmal einschüchternd wirken kann.

Glücklicherweise stellt das HMRC online viele hilfreiche Ressourcen zur Verfügung, die Ihnen dabei helfen können, mehr über die Steuergesetze in Großbritannien zu erfahren und sicherzustellen, dass Sie diese einhalten. Wenn Sie die richtigen Informationen zur Hand haben, sollte Sie die Abgabe Ihrer Steuern wie Einkommensteuer, VAT etc. vor keine große Herausforderung mehr sein.

Sollten Sie ein Problem trotzdem nicht selbst lösen können oder wollen, empfehlen wir Ihnen, einen Experten in Sachen Steuern zurate zu ziehen.

Unsere Kanzlei verfügt über jahrelange Erfahrung mit sämtlichen Steuerangelegenheiten in Großbritannien sowie im Umgang mit den englischen Behörden und hilft Ihnen gerne weiter.

Auch bei Fragen rund um Brexit (vielleicht werden Sie auch hier auf unserer Brexit-Seite fündig), Senkung der persönlichen Steuerlast oder anderen Fällen stehen wir Ihnen gerne zur Seite.

Interessiert Sie auch das Thema Finanzamt USA? Dann lesen Sie hier weiter.

 
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