Betriebsstätte im Vereinigten Königreich gründen
Wenn Sie als Unternehmen aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz eine Betriebsstätte in England oder dem Rest des UKs begründen möchten, ist die in deutschsprachigen Raum bekannte Unternehmensform der "Filiale" oder sog. "unselbständigen Niederlassung" keine rechtlich zulässige Option. Welche Alternativen gibt es?
Glaubt man manchen hämischen Medienberichten in der deutschsprachigen Presse, dann versinkt das Vereinigte Königreich mittlerweile im postapokalyptischen Chaos. Leere Supermarktregale à la DDR, leere Tankstellen und leere Geldbeutel seien die Norm. Als Unternehmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, so wird suggeriert, sollte man besser einen weiten Bogen um diese Brexit-Barbaren-Insel machen und sich lieber am EU-Mutterbusen nähren. Dat ham se nun davon, die Briten, mit ihrer Brexit-Extrawurst.
Aber die Realität sieht freilich ganz anders aus. UK ist und bleibt für viele Unternehmen aus Europa ein hochattraktiver Markt. Und daher wundert es nicht, dass auch nach Brexit etliche Unternehmen aus dem europäischen Ausland auf den britischen Markt drängen.
Ausländische Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die im Vereinigten Königreich aktiv werden möchten bzw. dorthin expandieren wollen, müssen sich zunächst fragen, welche britische Rechtsform hierfür am besten geeignet ist.
Was ist die beste Rechtsform für die UK Expansion?
Bei der Wahl der besten Rechtsform im Vereinigten Königreich spielen viele Faktoren eine Rolle: Steuerrecht allgemein, Umsatzsteuer, Haftung, Geschäftsführung - das sind nur einige der Themen, die Sie mit Steuerberatern und Rechtsanwälten klären müssen, bevor das Vorhaben in UK an den Start gehen kann. Und auch Fragen rund um den Brexit, den Drittland-Status des UK und die daraus resultierenden Folgen im Inland und in UK werden vielfach eine Rolle bei diesen Überlegungen spielen.
Vom Standpunkt der in den deutschsprachigen Ländern gängigen Praxis, möchten viele Mandanten zunächst keine eigene Ltd mit Sitz UK gründen, sondern ein UK-Unternehmen in Form einer "Betriebsstätte" anmelden. Die Idee ist, dass die deutsche (oder Schweizer, oder österreichische) Gesellschaft eine Filiale in UK anmeldet, die der unselbständigen Niederlassung entspricht.
Zum Einstieg ist es sinnvoll, die Begrifflichkeiten zu klären. Eine Betriebsstätte nach deutschem und auch österreichischem Verständnis beschreibt eine Unternehmensform, während Betriebsstätten im Vereinigten Königreich, dort Permanent Establishment (kurz: PE) genannt, steuerliche Betriebsstätten meinen. Etwas genauer:
Die Betriebsstätte in Deutschland und Österreich
In Deutschland z.B. (und sehr ähnlich auch in Österreich) ist eine Betriebsstätte nach § 12 Satz 1 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Näher erläutert wird dies gleich in § 12 Satz 2 AO. Demnach gelten als Betriebsstätten insbesondere
(1) Stätten, an denen sich die Geschäftsleitung befindet;
(2) Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Warenlager, Ein- und Verkaufsstellen, Bergwerke, Steinbrüche, Bauausführungen oder Montagen, Landungsbrücken, Kontore und sonstige Geschäftseinrichtungen, die dem Unternehmer oder Mitunternehmer oder seinem ständigen Vertreter (z.B. einem Prokuristen) zur Ausübung des Gewerbes dienen.
Eine Betriebsstätte muss dabei stets ein auf Dauer (mindestens 6 Monate) ausgelegter physischer Ort, zum Zweck der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Unternehmens sein.
Nach deutschem Recht ist eine Betriebsstätte eine unselbständige Niederlassung bzw. Filiale des Gesamtunternehmens und damit abhängig von der Unternehmenszentrale im Ausland. Zentrale und Betriebsstätte bilden somit einen einheitlichen Geschäftsbetrieb, welcher lediglich eine räumliche Trennung aufweist.
Die Betriebsstätte führt regelmäßig Hilfsgeschäfte aus, welche der Vorbereitung, Vermittlung oder Ausführung der Hauptgeschäfte des ausländischen Unternehmens dienen. Folglich nimmt eine Betriebsstätte nicht eigenständig am Geschäftsverkehr teil. So darf sie sie auch keine – von der Hauptniederlassung abweichende – Firma führen und Rechnungen müssen im Namen der Zentrale ausgestellt werden. Entsprechend ist auch keine Eintragung ins Handelsregister erforderlich; die Anmeldung eines Gewerbes bei der zuständigen Behörde reicht aus.
Oben Gesagtes beschreibt also schlicht eine Unternehmensform und ihre Ausgestaltung.
Permanent Establishment im Vereinigten Königreich
Der englische Begriff PE hingegen zielt auf den steuerlichen Aspekt ab. Es stellt sich also hier zunächst die Frage, ob eine Kapitalgesellschaft aus dem Ausland, die im Vereinigten Königreich wirtschaftlich aktiv wird, damit eine steuerliche Betriebsstätte auslöst.
Ein Unternehmen, das nicht im Vereinigten Königreich ansässig ist, unterliegt nur der britischen Körperschaftsteuer, wenn es im Vereinigten Königreich über eine ständige Niederlassung (Permanent Establishment) ein Gewerbe ausübt.
Nicht jede wirtschaftliche Aktivität im Vereinigten Königreich löst jedoch zwangsläufig eine steuerliche Betriebsstätte aus. Allein der Umstand, dass man z.B. Kunden in Großbritannien hat oder Waren bzw. Dienstleistungen an Kunden im UK verkauft, muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass eine steuerliche Betriebsstätte vorliegt.
Die Abgrenzung ist in der Realität notorisch schwierig. Aber ein guter Indikator ist, ob ein ausländisches Unternehmen Personal in UK hat, das z.B. im Vertrieb, Business Development tätig oder anderweitig an der Wertschöpfung beteiligt ist. Dann liegt praktisch immer eine steuerliche Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens in UK vor.
Sollte keine steuerliche Betriebsstätte im Vereinigten Königreich vorhanden sein, ist auch keine Registrierung erforderlich und es fallen in Großbritannien auch keine Steuern an. Umsatzsteuertechnisch würden erbrachte Leistungen in solchen Fällen per Reverse Charging aus Deutschland bzw. Österreich, nicht aus Großbritannien, an die Kunden fakturiert werden. Eine UK VAT Registrierung ist nicht notwendig.
Im Folgenden gehen wir gehen davon aus, dass dies bereits geprüft wurde und aufgrund einer im Vereinigten Königreich stattfindenden Wertschöpfung auch eine steuerliche Betriebsstätte vorliegt oder vorliegen würde, sofern dies noch im Planung ist.
Welche steuerliche Konsequenzen ergeben sich hieraus?
Allgemein
Wichtig ist die Definition der Betriebsstätte vor allem bei der Frage, in welchem Land steuerliche Abgaben fällig werden, sprich, welcher Staat das Besteuerungsrecht hat. Denn eine Betriebsstätte zu haben bedeutet, dass die Gewinne potenziell in zwei Ländern steuerpflichtig sind.
Nur die steuerpflichtigen Gewinne, die direkt den Aktivitäten der lokalen Betriebsstätte zuzurechnen sind, sollten der lokalen Steuer unterliegen, was daher eine Gewinnzurechnung erfordert. Es muss jedoch auch berücksichtigt werden, ob ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht.
Die DBA-Definition einer Betriebsstätte kann von der Definition im innerstaatlichen Recht abweichen. Wenn dies der Fall ist, sollte die Definition des Abkommens insoweit verwendet werden, als sie die lokale Steuer entlastet, anstatt sie zu erheben.
Wird eine Steuer in Großbritannien erhoben, muss geprüft werden, ob eine Entlastung von der im Heimatland des Unternehmens erhobenen Steuer möglich ist, um eine Doppelbesteuerung zu verhindern oder zu minimieren.
Daher müssen getrennte und genaue Buchhaltungsunterlagen in Bezug auf die Aktivitäten der britischen Betriebsstätte sorgfältig geführt werden, um die beim HMRC eingereichten Steuererklärungen zu unterstützen.
Die Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen, die den Aktivitäten der Betriebsstätte im Vereinigten Königreich zuzurechnen sind, ist unter Umständen nicht einfach und hängt von den jeweiligen Umständen der Aktivitäten der Betriebsstätte ab.
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Kapitalgesellschaften, die in ihrem Heimatland im Handelsregister eingetragen sind, müssen bei Vorliegen einer steuerlichen Betriebsstätte ein sog. Branch Office im britischen Handelsregister registrieren lassen. Dieses Branch Office entspricht einer selbständigen Niederlassung. Die Gewinne, die der Niederlassung zuzuordnen sind, unterliegen dann in Großbritannien der Körperschaftsteuerpflicht.
Die Alternative ist die Anmeldung einer Ltd als Tochtergesellschaft. Geschäftsführer kann der Gesellschaft der ausländischen Tochter sein. Ein in UK ansässiger Geschäftsführer ist aus britischer Sicht nicht notwendig (WICHTIG: Aus deutscher Sicht kann es wichtig sein, einen UK-Geschäftsführer anzustellen, wenigstens später, um keine Betriebsstätte der UK-Ltd in Deutschland auszulösen). Gesellschaft können auch Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft sein, wenn eine Tochtergesellschaft nicht erwünscht ist.
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Für ausländische Personengesellschaften gibt es keine Möglichkeit eine Niederlassung im Vereinigten Königreich registrieren zu lassen. Es bleiben hier nur die Alternativen, entweder eine Tochtergesellschaft oder eine eigenständige Personengesellschaft zu gründen.
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Ein ausländischer Selbständiger, der durch seine Geschäftstätigkeit in UK eine steuerliche Betriebsstätte auslöst, meldet sich auch in Großbritannien als selbständig an. Grundsätzlich kann sich jede Person im UK als selbständig anmelden.
Um das zu tun, benötigt man grundsätzlich auch kein Visum, allerdings lässt sich damit ein möglicherweise notwendiges Visum nicht umgehen. Meldet sich also ein Ausländer in UK als selbständig an, erhält aber kein Visum/Aufenthaltstitel, muss er einen oder mehrere Briten anstellen, die für ihn arbeiten.
Ausländische Selbständige brauchen sich nicht ins britische Handelsregister eintragen zu lassen. Die britische Regierungsbehörde, die dafür zuständig ist, heißt übrigens Companies House und der Begriff wird dort auch synonym für das Handelsregister verwendet.
Eine Gewerbeanmeldung wie in Deutschland gibt es in Großbritannien nicht. Notwendig ist lediglich die steuerliche Registrierung bei HMRC (dies können wir für Sie erledigen!).
Fazit
Das Vereinigte Königreich kennt die Unternehmensform der unselbständigen Niederlassung nicht. Insofern ist auch die Etablierung einer Betriebsstätte (im Sinne einer Filiale) nach deutschem Verständnis nicht möglich. Erfahren Sie hier auch mehr zu der Geschichte der Britischen Inseln, dem Windsor-Abkommen und Brexit: Quellensteuern.
Ausländische Unternehmen, die im Vereinigten Königreich eine steuerliche Betriebsstätte, also eine PE etablieren wollen, sehen sich einem vergleichsweise aufwendigen Verfahren gegenüber.
Die Registrierung einer Niederlassung (Branch) in Großbritannien ist aufwendiger, als eine UK Limited zu gründen. Daher entscheiden sich die meisten unserer Mandanten dafür, eine Tochtergesellschaft zu gründen, statt eine Niederlassung zu etablieren. Dies ist i.d.R. auch unsere Empfehlung.
Wie unsere Kanzlei Sie unterstützen kann
Unsere Kanzlei hat schon vielen Mandanten dabei geholfen, auf dem britischen Markt aktiv zu werden und dort ihre Aktivitäten zu entfalten. Gerne beraten wir Sie zu den Vorteilen und Nachteilen der verschiedenen Rechtsformen, mit denen Sie in UK Waren und Dienstleistungen vertreiben können.
Viele Mandanten entscheiden sich letztendlich für die Gründung einer UK Limited als Tochtergesellschaft des deutschen Unternehmens, da dies mit Abstand der schnellste Weg ist, ein Unternehmen in England, Wales, Schottland oder Nordirland zu gründen.
Dafür ist weder ein Notartermin, noch ein Besuch vor Ort in London erforderlich.
Aber auch die Anmeldung einer britische Niederlassung Ihres Unternehmens mit Sitz in London (oder anderswo in UK) ist für uns problemlos möglich. Dies dauert etwas länger als die Gründung einer Limited, denn hier kann die Einreichung beim Register nicht elektronisch erfolgen. Wir müssen also die Anmeldung per Formular auf Papier erledigen.
Und schließlich gibt es in UK auch Personengesellschaften. Zu nennen wäre die Rechtsformen Limited Liability Partnership (LLP) und die Limited Partnership (LP). Letztere Gesellschaft entspricht der in Deutschland sehr beliebten GmbH & Co KG und wird daher oft von Mandanten gewählt, für die der Status als Personengesellschaft auch für ihr UK-Unternehmen wichtig ist.
Buchen Sie am besten ein Beratungsgespräch und lassen Sie sich zu der für Sie am besten geeigneten Option beraten.
Und auch nach der Gründung Ihres Unternehmens ist die laufende steuerliche Betreuung Ihrer Firma in UK bei uns in besten Händen - ganz egal, ob es sich um eine Kapitalgesellschaft, Personengesellschaft, Niederlassung oder schlicht um ein Gewerbe handelt.
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