UK Steuern & Recht
Seed Enterprise Investment Scheme (SEIS)
Günstige Investitionen in junge Unternehmen und die daraus resultierenden Steuererleichterungen für Anleger
Am 6. April 2012 führte die britische Regierung das Seed Enterprise Investment Scheme ein (kurz SEIS, ein Programm für Investitionen in Unternehmen in der Entstehungsphase). Das SEIS ist ein neues Wirtschaftsförderprogramm, das Anreize für Investitionen in Unternehmen in der sogenannten „seed stage“ liefern sollte. Dieser Artikel erklärt die Grundlagen der Arbeitsweise des Programms, welche Steuererleichterungen erzielbar sind und wer für dieses Programm in Betracht kommt.
Wie funktioniert dieses Programm?
SEIS arbeitet ähnlich wie das Enterprise Investment Scheme (EIS). Es verschafft Investoren, die mit Barkapital geeignete Aktien von SEIS-qualifizierten Unternehmen zeichnen, Ersparnisse bei Einkommen- und Kapitalertragsteuern.
Geeignete Aktien sind sowohl Stammaktien als auch Aktien, die bestimmte, nicht kumulierbare Rechte auf Vorzugsdividende haben.
Einkommensteuer
Für Aktien dieser Art, die am oder nach dem 6. April 2012 ausgegeben wurden, kann ein Anleger, der sich für diese Steuerermäßigung qualifiziert, eine Verringerung seiner Einkommensteuer in Höhe von 50% der investierten Summe beanspruchen. Dabei gilt eine jährliche Höchstgrenze von £100.000 (was die Höchstersparnis bei der Einkommensteuer auf £50.000 beschränkt).
Natürlich kann die Steuererleichterung nur insoweit in Anspruch genommen werden, wie für die Person eine Einkommensteuerpflicht besteht (es handelt sich hierbei um eine Gutschrift, es kann damit also kein Verlust verrechnet oder eine Rückzahlung von Steuern beantragt werden). Allerdings können Anleger diesen Einkommensteuerabzug auch für das vorhergehende Steuerjahr verwenden oder die Abzüge auf zwei Steuerjahre aufteilen. Beachten Sie jedoch, dass diese „Rückübertragung“ nicht für Steuerjahre vor 2012/2013 anwendbar ist, sodass jede SEIS-Anlage 2012/2013 auch nur für Steuernachlässe im diesem Steuerjahr angerechnet werden kann.
Kapitalertragsteuer
Wenn für die Investitionen in SEIS-Aktien Einkommensteuerabzug möglich ist, sind im Großen und Ganzen alle Kapitalgewinne durch einen Verkauf dieser Aktien steuerfrei.
Darüber hinaus enthält das Programm eine teilweise Freistellung von Kapitalertragsteuer auf Einkünfte aus Veräußerungen, die in dem betreffenden Steuerjahr gemacht wurden und mit Investitionen in SEIS-Unternehmen im gleichen Zeitraum „abgestimmt sind“. Es gibt keine Einschränkung hinsichtlich der Art der Kapitalanlage, auf die dies anwendbar ist, aber durch die Verfügung müsste ein Gewinn erzielt werden, der der Kapitalertragsteuer unterliegen würde. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Gesamterlös aus einem solchen Verkauf wieder investiert wird – nur ein Teilbetrag des Erlöses in Höhe des freigestellten Gewinns (oder ein Teilbetrag des Gewinns). Ein Beispiel ist unten dargestellt.
Bei der ursprünglichen Einführung (für das Steuerjahr 2012/13) sah die Steuervergünstigung für Reinvestitionen eine 100% Freistellung für Gewinne vor. Für im Jahr 2013/14 wieder investierte Gewinne wurde diese jedoch auf 50% reduziert, was bis heute gilt.
Praxisbeispiel
Eine natürliche Person hat 2015/2016 ein zu versteuerndes Einkommen von £155.000 und daher für dieses Steuerjahr eine Steuerpflicht von ungefähr £55.890.
Eine Investition von £100.000 in ein SEIS-qualifiziertes Unternehmen würde diesen Betrag um £50.000 verringern, sodass netto nur noch eine Steuerschuld von etwa £5890 übrig bleiben würde.
Wenn außerdem dieselbe Person im gleichen Steuerjahr eine als Anlagegut gehaltene Immobilie (oder eine andere Kapitalanlage) im Wert von £200.000 veräußert und dabei einen Gewinn von £100.000 erzielt, könnte sie die Hälfte davon als Gewinn der SEIS-Anlage bezeichnen. Zusätzlich zur Einkommensteuerersparnis von £50.000 könnte damit die Hälfte der sonst auf diesen Verkauf anfallenden Kapitalertragsteuer gespart werden (beim derzeit geltenden Satz von 28% also £14.000). Sollte der Gewinn £120.000 betragen, die Person jedoch weiterhin £100.000 neu anlegen, dann bleibt die Ersparnis bei £14.000.
Zeitliche Begrenzung
Das Programm steht nur für kleine Start-up-Unternehmen zur Verfügung. Das heißt, dass das Unternehmen zu keinem Zeitpunkt, der zwei Jahre vor der Ausgabe der Aktien liegt, aktiv Geschäfte betrieben haben darf.
Wie bei EIS müssen die Aktien in der Regel drei Jahre nach der Ausgabe gehalten werden, um die oben erklärten vollen Vergünstigungen bei Einkommen- und Kapitalertragsteuer in Anspruch nehmen zu können. Wenn SEIS-Aktien innerhalb von drei Jahren nach ihrer Ausgabe verkauft werden, kann es zu einer Rückforderung der beanspruchten Steuerreduzierung kommen. Freistellungen von der Kapitalertragsteuer können dann ebenfalls nicht geltend gemacht werden, weder für einen reinen Verkauf noch für eine Veräußerung, deren Erlös in SEIS-Aktien reinvestiert wurde.
Zurzeit können Anleger im Rahmen ihrer Steuererklärung SEIS-Steuererleichterungen nur geltend machen, wenn das entsprechende Unternehmen entweder 70% der investierten Gelder ausgegeben oder wenigstens vier Monate aktiv am Geschäftsleben teilgenommen hat (also im Gegensatz zu vorbereitenden oder Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten vor Geschäftsbeginn). Das ist der Zeitpunkt, ab dem ein Unternehmen berechtigt ist, Investoren eine Bescheinigung über die Eignung der Anlage zu erteilen, mit der sie die Steuervergünstigung beantragen können. Die Regierung kündigte im Haushaltsplan 2015 an, dass diese Bedingung abgeschafft werden soll (das ist allerdings abhängig von der Bewilligung von staatlichen Beihilfen). Diese Änderung wurde zwar noch nicht eingeführt, wenn sie dann aber umgesetzt wird, dann soll sie ab dem 6. April 2015 wirksam sein.
Wer kann ein geeigneter Anleger sein?
Das SEIS hat eine Reihe von Ähnlichkeiten mit EIS in Bezug auf die Anforderungen, die von einem einzelnen Anleger erfüllt werden müssen, damit er sich für dieses Programm qualifiziert.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist, dass der Anleger selbst (weder direkt noch indirekt) nicht mehr als 30% des Stammkapitals, des ausgegebenen Aktienkapitals oder der Stimmrechte des Unternehmens hält. Es gibt keine Beschränkungen, wieviel Fremdkapital des Unternehmens der Anleger halten darf (bei Wandelschuldverschreibungen ist jedoch Vorsicht geraten).
Anleger, die Angestellte des Unternehmens sind, können die Vorteile des SEIS nicht in Anspruch nehmen. Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen SEIS und EIS dahingehend, dass bei SEIS vorhandene oder neue Direktoren des Unternehmens die Vergünstigungen von SEIS in Anspruch nehmen können, während bei EIS das Programm in der Regel (abhängig von bestimmten, beschränkten Ausnahmen) von Direktoren nicht in Anspruch genommen werden kann. Also könnte beispielsweise ein vorhandener Angestellter, der zum Zeitpunkt der Investition zum Direktor ernannt wird, dann auch die Ersparnisse von SEIS in Anspruch nehmen.
Welche Unternehmen können sich an SEIS beteiligen?
Ähnlich wie bei anderen Programmen für Risikokapital gibt es eine Reihe von Bedingungen, die ein entsprechendes Unternehmen erfüllen muss, damit es für SEIS geeignete Aktien ausgeben kann.
Eine der wichtigsten Bedingungen ist, dass das Unternehmen gänzlich zum Zweck der Ausübung eines oder mehrerer als „neu“ bezeichneter Geschäfte bestehen muss. Das Programm ist beschränkt auf Firmen, die sich mit dem befassen, was als „grundlegend neues Unternehmen“ beschrieben wird. Dies würde z.B. nicht zutreffen, wenn ein Unternehmen in den sechs Monaten, die dem Beginn des neuen Geschäfts vorausgehen, andere Betriebstätigkeiten ausgeübt hat, die dieselben Geschäftszwecke hatten wie das neue Geschäft. Von begrenzten Ausnahmen abgesehen, schließt die Gesetzgebung auch Situationen aus, wo Geschäfte oder Aktivitäten, die schon zuvor durchgeführt wurden, einfach nur auf das neue Unternehmen übertragen werden. Dies dient teilweise auch zur Verhinderung einer bestimmten Art der Steuerumgehung, die sich bereits das EIS-Programm zunutze gemacht hatte. Dabei waren beispielsweise bestehende Unternehmen, die nicht unter das Programm gefallen wären, in neue Einheiten aufgeteilt worden – um damit zu ermöglichen, dass Investitionen von den entsprechenden Steuererleichterungen profitieren konnten.
Darüber hinaus sind Unternehmen, die bereits mehr als zwei Jahre vor der Investition im Geschäft waren, nicht für das Programm zugelassen.
Das Unternehmen muss den Betrieb jedoch nicht unmittelbar aufnehmen – es kann sich mit Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten mit dem Ziel eines Geschäfts befassen. Darüber hinaus können die durch SEIS aufgebrachten Gelder für diese Forschung und Entwicklung verwendet werden und es gibt keine Frist, bis zu der das Unternehmen den tatsächlichen Geschäftsbetrieb aufgenommen haben muss.
Unternehmen können mit diesem Programm maximal £150.000 aufnehmen – diese Beschränkung gilt für die gesamte Lebensdauer des Unternehmens. Gelder, die über das SEIS-Programm aufgenommen wurden, müssen von dem Unternehmen innerhalb von drei Jahren für die Geschäftstätigkeit verwendet werden, die es für das Programm qualifiziert (aber, wie oben erläutert, kann dies Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten als Vorbereitung auf die Aufnahme des tatsächlichen Geschäftsbetriebs beinhalten).
Außerdem darf das Unternehmen vor der Ausgabe von Aktien unter SEIS nicht schon Investitionen über das EIS- oder das Venture Capital Trust (VCT) Programm bekommen haben. Jedoch kann es sich nach Ablauf des SEIS-Zeitraums über EIS und/oder VCT finanzieren, vorausgesetzt, dass mindestens 70% des SEIS-Kapitals für die Geschäftsaktivitäten, die es für SEIS qualifizieren, ausgegeben wurden. Wie oben erwähnt, wird erwartet, dass die Regierung demnächst entsprechende Regelungen einführt.
Die anderen wesentlichen Bedingungen sind:
das Bruttovermögen des Unternehmens darf unmittelbar vor der Investition £200.000 nicht überschreiten (obwohl es nach der Investition keine Bruttovermögensprüfung gibt, wie sie sonst bei anderen Programmen für Risikokapital zu finden ist);
das Unternehmen muss weniger als 25 Vollzeitbeschäftigte haben;
das Unternehmen muss eine ständige Niederlassung in Großbritannien haben;
das Unternehmen darf nicht an einer anerkannten Börse registriert sein (beachten Sie, dass dies, obwohl es unwahrscheinlich ist, bedeutet, dass Unternehmen, die bei AIM (dem Alternative Investment Market an der Londoner Börse) registriert sind, für SEIS in Frage kämen);
das Unternehmen darf nicht von einer anderen Gesellschaft beherrscht werden (obwohl der Finance Act 2013 eine Ausnahme für Vorratsgesellschaften einführte);
das Unternehmen darf keine andere Gesellschaft beherrschen (obwohl die Richtlinien es der Beteiligungsgesellschaft erlauben, bestimmte Tochtergesellschaften zu haben); und
das Unternehmen darf nicht Mitglied in einer Partnerschaft sein.
Die Richtlinien enthalten auch eine Reihe von Vorschriften zur Verhinderung von Steuerumgehungen. Dazu gehören:
das Erfordernis, dass die Investition echten wirtschaftlichen Zwecken dient und nicht hauptsächlich zur Steuervermeidung gedacht ist; und
eine Ausschlussklausel, die verhindert, dass die Ausgabebedingungen für die Aktien irgendeine Art von Schutz gegen gewöhnliche Anlagerisiken beinhalten (z.B. Verwässerungsrechte, um gegen zukünftige Mittelbeschaffung zu geringerem Preis zu schützen).
Vorgeschlagene Änderungen
Wie im Haushaltsplan von 2014 angekündigt, beriet die Regierung über die Möglichkeit, SEIS-Investitionen in der Form von Wandeldarlehen zu erlauben. Die britische Regierung hat sich jedoch gegen diese Möglichkeit entschieden, da die Aktien dafür verwendet werden sollen, um finanzielle Mittel für Unternehmen zu sammeln. Die Umwandlung von Darlehensbeständen in Eigenkapital wird nicht als Geldbeschaffung für das Unternehmen angesehen und ist daher nicht für eine SEIS / EIS-Erleichterung geeignet.
Jedoch haben Investoren die Chance, vom Advance Subscription Agreement (kurz: ASA) zu profitieren. Diese vorab Abonnementsverträge werden verwendet, um schnell Geld für ein Unternehmen zu sammeln auch wenn der Wert der Aktie noch nicht ermittelt wurde. Ein ASA ermöglicht es Investoren, frühzeitig Zeichnungsgelder an ein Unternehmen einzuzahlen, bei dem der Wert der Aktie zu einem späteren Zeitpunkt ausgestellt wird.
Praktische Beobachtungen
Die Einführung von SEIS wurde im Großen und Ganzen als Erfolg bewertet, wobei vorläufige Zahlen der Regierung angeben, dass zwischen der Einführung im April 2012 und der Haushaltsaufstellung 2014 über £240 Millionen in über 2700 Unternehmen investiert wurden. Im Jahr 2018/2019 wurden 163 Millionen Pfund für Unternehmen gesammelt und die Zahl der Investoren lag bei 1985.
Einige Tücken des Programms haben jedoch Fragen aufgeworfen, insbesondere im Hinblick auf die vielen Unternehmen, die Kapitalbeträge aufbringen müssen, die die Höchstgrenze der gemäß SEIS zulässigen Investitionen von £150.000 überschreiten. Anleger streben in solchen Fällen typischerweise eine Kombination der Steuerentlastungen von SEIS und EIS an. Die Vorschrift, dass mindestens 70% der SEIS Gelder verwendet werden müssen, bevor Aktien gemäß EIS ausgegeben werden können, kann das jedoch erschweren. Die vorgeschlagene Streichung dieses Erfordernisses wird daher sowohl von Unternehmen als auch Investoren begrüßt.
Nächste Schritte
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