Neue Regelungen zu britischen Erbschaftsteuer ab 2025
Wer 10 Jahre in UK gelebt hat ist ab 2025 mit seinem weltweiten Vermögen in UK erbschaftsteuerpflichtig. So will es die britische Regierung. Schlimmer noch: Wer den UK verlässt und innerhalb von 10 Jahren verstirbt, dessen weltweiter Nachlass ist ebenfalls in UK erbschaftsteuerpflichtig.
Im Rahmen einer umfassenden Steuerreform hat die britische Regierung bedeutende Änderungen im Erbschaftsteuersystem angekündigt, die ab dem 6. April 2025 in Kraft treten sollen. Diese Neuerungen werden insbesondere Auswirkungen auf Personen haben, die nicht dauerhaft in Großbritannien ansässig sind, sowie auf internationale Vermögensstrukturen. Ziel der Reform ist es, das Steuersystem gerechter und transparenter zu gestalten und potenzielle Steuerschlupflöcher zu schließen.
Wichtige Unterschiede zur deutschen bzw. kontinental-europäischen Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer verstehen
Bevor wir uns in Gefecht stürzen, ist es zunächst sehr wichtig zu verstehen, dass es in UK KEINE Erbschaftsteuer nach deutschem bzw. kontinental-europäischem Verständnis gibt, auch wenn die Steuer “Inheritance Tax” heisst. Vielmehr handelt es sich um eine “Estate Tax”, wie man sie auch in den USA kennt.
Die britische Inheritance Tax zahlt NICHT der Erbe, sondern der Nachlass (“Estate”) des Verstorbenen! Somit ist also nur ein potenzieller Erblasser von der Verschärfung der Erbschaftsteuer in UK betroffen. Und NICHT ein möglicher Erbe.
Logischerweise gibt es somit auch keine individuellen Freibeträge bei der britischen Erbschaftsteuer. Der Erblasser kann seinen Nachlass steuerfrei an den Ehegatten vererben - in unbeschränkter Höhe! Sonst hat der “Estate” hat einen Freibetrag von insgesamt £325,000 (oder £500,000, wenn die selbstgenutzte Immobilie vererbt wird). Auf den restlichen Wert werden 40% Erbschaftsteuer fällig.
Da also die Erben keine Erbschaftsteuer zu bezahlen haben, ist die hier besprochene Änderunge bei der britischen Erbschaftsteuer weniger “dramatisch” als z.B. die deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuer bei deutschen Auswanderern, die immer sowohl den Erblasser, aber auch den Erben betrifft. So unterliegt nicht nur ein möglicher Erblasser, der Deutschland verlässt, noch für 5 Jahre oder sogar 10 Jahre der unbeschränkten Erbschaft- und Schenkungsteuer in Deutschland, sondern eben auch potenzielle Erben und Beschenkte. Allerdings ließe sich dies (theoretisch) mit der Aufgabe der deutschen Staatsbürgerschaft vermeiden. Das funktioniert in UK nicht.
In UK gibt es außerdem keine Schenkungsteuer nach deutscher Lesart. Verschenkt ein UK Steuerzahler Immobilien oder Wertgegenstände, so wird ein Verkauf fingiert und der Schenkende muss Kapitalertragsteuer (“Capital Gains Tax”) auf den fiktiven Veräußerungserlös bezahlen (entfällt bei Schenkung der selbstgenutzten Immobilie). Auf Schenkungen von Barvermögen fällt keine Steuer an, wenn der Schenkende nicht innerhalb von 7 Jahren nach dem Zeitpunkt des Geschenks verstirbt. In diesem Fall wäre ein Teilbetrag der Erbschaftsteuer fällig, je nach Zeitpunkt des Todes.
Übergang von Domizil- zu Wohnsitzbasierter Besteuerung
Eine der wichtigsten Änderungen ist der Wechsel von einem domizilbasierten zu einem wohnsitzbasierten System für die Erbschaftsteuer. Bisher war das Konzept des "Domizils" entscheidend für die Bestimmung der Steuerpflicht. Ab 2025 wird der tatsächliche Wohnsitz einer Person maßgeblich sein. Dies bedeutet, dass Personen, die längere Zeit in Großbritannien leben, auch wenn sie ihren Lebensmittelpunkt woanders haben, nun potenziell der britischen Erbschaftsteuer unterliegen könnten.
Einführung eines 10-Jahres-Wohnsitztests
Ein zentrales Element der Reform ist die Einführung eines 10-jährigen Wohnsitztests. Personen, die in den letzten 20 Jahren vor ihrem Tod mindestens 10 Jahre in Großbritannien ansässig waren, werden nun vollständig der britischen Erbschaftsteuer unterliegen. Dies gilt unabhängig von ihrem Domizilstatus oder ihrer Staatsangehörigkeit. Diese Regelung zielt darauf ab, Personen zu erfassen, die zwar lange in Großbritannien leben, aber bisher aufgrund ihres ausländischen Domizils von bestimmten Steuerpflichten befreit waren.
Auswirkungen auf das "Non-Dom"-System
Die Änderungen bedeuten praktisch das Ende des bisherigen "Non-Dom"-Status bzw. der Remittance Basis für Erbschaftsteuerzwecke. Bisher konnten Personen mit ausländischem Domizil von erheblichen Steuervorteilen profitieren, insbesondere in Bezug auf ihr ausländisches Vermögen. Mit den neuen Regeln wird dieser Sonderstatus für die Erbschaftsteuer weitgehend abgeschafft, was zu einer potenziell höheren Steuerlast für viele wohlhabende Ausländer in Großbritannien führen könnte.
Übergangsregelungen und Rückführungsfazilität
Um den Übergang zu erleichtern, hat die britische Regierung Übergangsregelungen angekündigt. Dazu gehört eine temporäre Rückführungsfazilität, die für die Steuerjahre 2025/26 und 2026/27 verfügbar sein wird. Diese Maßnahme soll es betroffenen Personen ermöglichen, ihr Vermögen neu zu strukturieren und sich auf die veränderte Steuersituation einzustellen.
Auswirkungen auf internationale Vermögensstrukturen
Die neuen Regelungen werden erhebliche Auswirkungen auf internationale Vermögensstrukturen haben. Trusts und ähnliche Konstrukte, die bisher genutzt wurden, um Vermögen vor der britischen Erbschaftsteuer zu schützen, müssen möglicherweise neu bewertet und angepasst werden. Experten empfehlen, bestehende Strukturen frühzeitig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden.
Globale Besteuerung des Weltvermögens
Für Personen, die den 10-Jahres-Wohnsitztest erfüllen, wird künftig ihr gesamtes Weltvermögen der britischen Erbschaftsteuer unterliegen. Dies stellt eine signifikante Änderung dar, insbesondere für vermögende Individuen mit umfangreichen ausländischen Vermögenswerten. Es ist zu erwarten, dass dies zu einer komplexeren Steuerplanung und möglicherweise zu Doppelbesteuerungsfragen führen wird.
Auswirkungen auf Immobilienbesitz
Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Besitz von Immobilien in Großbritannien gewidmet werden. Auch wenn eine Person nicht dauerhaft in Großbritannien lebt, kann der Besitz von britischen Immobilien zu einer Erbschaftsteuerpflicht führen. Die genauen Auswirkungen werden von den spezifischen Umständen abhängen, aber es ist ratsam, die steuerlichen Implikationen sorgfältig zu prüfen.
Planung und Vorbereitung
Angesichts dieser umfassenden Änderungen ist es für betroffene Personen wichtig, frühzeitig mit der Planung zu beginnen. Dies kann die Überprüfung und Anpassung von Testamenten, die Neustrukturierung von Vermögenswerten und die Konsultation von Steuerexperten umfassen. Es ist ratsam, verschiedene Szenarien durchzuspielen und Strategien zu entwickeln, um die Auswirkungen der neuen Regelungen zu minimieren.
Internationale Steuerabkommen
Es bleibt abzuwarten, wie sich die neuen Regelungen auf bestehende internationale Steuerabkommen auswirken werden. Doppelbesteuerungsabkommen und andere internationale Vereinbarungen könnten angepasst werden müssen, um den neuen Realitäten Rechnung zu tragen.
Fazit
Die ab 2025 geltenden Änderungen im britischen Erbschaftsteuersystem stellen eine bedeutende Verschiebung in der Steuerpolitik des Landes dar. Sie zielen darauf ab, das System gerechter zu gestalten und potenzielle Schlupflöcher zu schließen. Für viele international mobile und vermögende Personen bedeuten diese Änderungen eine erhebliche Herausforderung und erfordern eine sorgfältige Planung.
Es ist wichtig zu betonen, dass die genauen Details und Auswirkungen dieser Änderungen noch nicht vollständig bekannt sind und sich bis zur Implementierung noch ändern können. Betroffene Personen sollten daher die Entwicklungen genau verfolgen und sich frühzeitig professionelle Beratung einholen, um ihre persönliche Situation bestmöglich an die neuen Regelungen anzupassen.
Diese Reformen unterstreichen die Notwendigkeit einer flexiblen und vorausschauenden Vermögensplanung in einer zunehmend globalisierten Welt. Sie verdeutlichen auch die wachsende Tendenz von Regierungen, Steuersysteme an die Realitäten einer mobilen, international vernetzten Gesellschaft anzupassen.
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