Warum Firmen in der UK das Land nach dem Brexit nicht allzu eilig verlassen sollten

Hat man als Deutscher ein Unternehmen in der UK, ist folgende Frage natürlich immer im Hinterkopf: „Sollte ich mir nicht schnellstmöglich einen neuen Standort suchen?“ Erst im Februar hat mich uns einer unseren Kunden total aufgelöst angerufen und gemeint, er wolle noch bis Sommer raus aus der UK und in ein anderes Land.

„Der Brexit ruiniert doch alles. Ich kann unmöglich auf alles noch Einfuhrsteuern etc. bezahlen. Könnt ihr mir helfen, meinen Firmensitz zu verlegen? Am liebsten gestern noch.“ (Herr M.)

Wir haben ihn daraufhin erst einmal beruhigt und ihm erklärt, warum es mit der Entscheidung, sollte sie denn getroffen werden, gar nicht so eilig ist. Dieses Wissen wollten wir natürlich auch anderen Unternehmern im UK nicht vorenthalten:

Warum es mit einer Verlegung des Firmensitzes aus der UK erst einmal nicht eilt

Klar, der UK hat die Europäische Union verlassen. Am 31. Januar war es nach jahrelangem Hin und Her tatsächlich so weit und der Brexit wurde vollzogen. Das bedeutet aber nicht, dass seit dem 01. Februar nun alles anders läuft. Denn wir befinden uns momentan in einer Übergangsperiode, die bis zum 31.12.2020 läuft. Und genau aus diesem Grund sollten auch erst einmal keine unüberlegten Entscheidungen getroffen werden.

Denn zunächst einmal verändert sich kaum etwas. Der Handel zwischen dem UK und der EU hält sich nämlich weiterhin an die EU-Regeln. Während dieser Übergangsperiode ist es nun die Aufgabe von unter anderem Boris Johnson, mit der EU einen Handelsdeal auszumachen. Gewünscht ist hier natürlich ein freier Handel. Das wäre auch nicht der einzige Deal in dieser Art, den die EU abgeschlossen hat, denn die Handelsbeziehungen zu Kanada funktionieren auf diese Art und Weise.

Sollte es jedoch bis zum 31.12.2020 zu keiner Einigung kommen, wäre der Handel zwischen den beiden Parteien nach den Gesetzen der WTO (Welt Handels Organisation) geregelt, was bedeutet, dass auf Importe in beiden Richtungen Tarife fällig wären.

Welche Vorbereitungen sollten Unternehmen im UK treffen?

Die englische Regierung hat Unternehmen bereits einen Plan zur Verfügung gestellt, welche Schritte unternommen werden müssen, um im nächsten Jahr auch Handel mit der EU treiben zu dürfen. Bei diesem Plan handelt es sich um einen sehr detaillierten Fragebogen, der alle Bereiche sowohl des persönlichen als auch wirtschaftlichen Bereichs der Person abdeckt und im Anschluss Breit gefächert Informationen zur Verfügung stellt und weitere Schritte anrät.

Unternehmern im UK wird geraten, sich möglichst bald um diese Dinge zu kümmern und nicht erst in der letzten Minute. Wir haben und darauf spezialisiert, unseren Mandanten auch bei der Bearbeitung dieses Prozesses zur Seite zu stehen und sind auch für Sie immer zu einem persönlichen Informationsgespräch bereit. Zögern Sie also bei weiteren Fragen nicht uns zu kontaktieren.

Die Loslösung von der EU – ein zweischneidiges Schwert

Inwiefern Unternehmen von der Loslösung profitieren werden, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht sicher festzumachen. Sicher ist jedoch, dass es sehr unterschiedliche Ansichten darüber gibt, wer davon profitieren wird. Nicht umsonst waren die Diskussionen über den Brexit lange und intensiv, da die möglichen Folgen in beide Richtungen gehen könnten.

Und betroffen sind davon nun einmal vorwiegend kleine und mittelständige Unternehmen, die im UK sage und schreibe 99,3 Prozent des privaten Sektors ausmachen. Auf der einen Seite steht zu befürchten, dass nach der Übergangsperiode Unternehmen im UK plötzlich höhere Ausfuhrsteuern in die EU zahlen müssten.

Es wäre jedoch auch möglich, dass ein Deal ausgehandelt wird, der keine Tarife verlangt. Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass die Loslösung von der EU viele neue Möglichkeiten eröffnet. Eine Freiheit von den Regulationen der EU könnte Unternehmen im UK ganz neue Möglichkeiten auf den globalen Märkten ermöglichen.

Diese Regulationen wurden von vielen Brexit-Befürwortern sogar als „verkrüppelnd“ bezeichnet. Und immerhin sind der größte Handelspartner des UK die Vereinigten Staaten von Amerika. Und eine Loslösung von der EU könnte hier ganz ungeahnte Möglichkeiten eröffnen.

Führt die Loslösung von der EU nicht zu einer Verschlechterung der Versorgungskette?

Eine Unterbrechung der Versorgung mit Waren und Dienstleistungen des UK aus der EU ist selbstverständlich zu erwarten. Und wird auch den größten Einfluss auf Unternehmen im UK haben. Kundenbestellungen zu erledigen, wenn die Versorgungskette unterbrochen ist, ist unglaublich schwieriger.

Viele Unternehmen im UK haben schon vorgesorgt, indem sie benötigte Waren vorsorglich gehortet haben, um einer ersten Unterbrechung der Versorgungskette im neuen Jahr etwas entgegenzusetzen zu haben. Auf jeden Fall empfiehlt es sich als Unternehmer im UK seinen Versorgern in der EU zu versichern, dass man im neuen Jahr weiterhin mit Ihnen arbeiten will, denn gute Beziehungen in die EU sind nun immens wichtiger geworden.

Wie wird der Brexit denn meinen Kundenstamm beeinflussen?

Sollte man sich über die Versorgungslage keine Sorgen machen, da alle Zulieferer des eigenen Unternehmens sich selbst im UK befinden, ist da dennoch die Situation der Kunden zu bedenken. Selbst wenn diese sich größtenteils im UK befinden, sollte man den Einfluss des Brexit auf die Wirtschaft des UK im Allgemeinen nicht außer Acht lassen.

Laut einer Studie wird das BIP-Wachstum um 6,7 Prozent sinken, innerhalb der nächsten 15 Jahre. Eine Zahl, die sich zunächst einmal nicht allzu hoch anhört, aber in Bezug auf die Wirtschaft doch beachtlich ist. Es eröffnen sich mit dem Brexit jedoch auch ganz neue Möglichkeiten, was die Kundensituation angeht.

Denn es wird vorhergesagt, dass vor allem Schwellenländer wie Brasilien, China, Indien und Südafrika fast die Hälfte der Konsumentenausgaben nach 2020 einspielen werden. Es gibt also eine Menge Möglichkeiten, den Kundenstamm nach Übersee auszubauen.

Wird es denn genug Mitarbeiter für mein Unternehmen geben?

Dies ist eine Frage, die sich wohl eine große Zahl der Unternehmer im UK stellen. Natürlich hängt das ganz stark davon ab, welche Art von Arbeitern man zum größten Teil beschäftigt. Schon seit dem Referendum ist die Zahl der Arbeitsmigranten in den UK aus Europa um 70 Prozent gesunken.

Und dabei handelt es sich nicht nur um einfache Arbeiter, sondern auch Fachkräfte. Vor allem für kleine Unternehmen sind Arbeitsmigranten aus der EU dank vieler Fähigkeiten, aber geringen Gehältern sehr gefragt. Eventuell wird dies jedoch auch dazu führen, dass innerhalb des UK ein größerer Pool an selbst ausgebildetem Fachpersonal entstehen kann.

Was gilt es also jetzt zu tun?

Wie dieser Beitrag wohl ziemlich ausführlich beleuchtet hat, ist der Fortbestand zwischen den Beziehungen vom UK und der EU von unglaublich vielen Eventualitäten bestimmt. Und auch die Möglichkeiten, die sich Unternehmern im UK jetzt eröffnen können sind vielseitig und müssen für jedes Unternehmen ganz speziell beleuchtet und ausgelotet werden.

Auf jeden Fall sollten jedoch Kurzschlusshandlungen vermieden werden und eventuelle Schritte zur Verlegung des Geschäftsstandortes unter Zuhilfenahme von Spezialisten detailliert besprochen werden. Unser Kunde Herr M. Beispielsweise hat sich nun doch dazu entschieden, im UK zu verweilen und will seinen Kundenstamm nach Übersee ausweiten und spezielle Waren, die er benötigt aus den USA beziehen.

Bei dieser Entscheidung konnten wir ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sollten Sie noch nicht mit uns zusammenarbeiten, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren, damit wir Ihnen bei diesen schwierigen Entscheidungen ebenso helfen können.

 
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