UK Steuern & Gesetz
Endlich verständlich: Der EU One Stop Shop (OSS)
Am 1. Juli 2021 trat die Mehrwertsteuerreform der EU in Kraft, welche die Wareneinfuhr, Verzollung & grenzüberschreitende Handhabe der Umsatzsteuer komplett verändert hat. Auf dieser Seite erfahren Sie mehr zu One Stop Shop und auch auf die Auswirkungen auf britische Unternehmen
Perspektive Ausland Podcast: One Stop Shop
Vor kurzem widmeten wir eine Folge unseres beliebten Podcasts Perspektive Ausland der in der EU neuen gesetzlichen Regelungen zur Umsatzsteuer. Zu Gast ist One Stop Shop Experte Dr. Roger Gothmann. Hören Sie jetzt rein.
Im Rahmen der EU-Mehrwertsteuerreform, die am 1. Juli in Kraft getreten ist, gibt es eine Reihe von Akronymen, die häufig erwähnt aber oft nicht richtig verstanden werden: IOSS, OSS und MOSS.
Diese drei Begriffe beeinflussen eine ganze Reihe Ihrer Unternehmensprozesse. Dahinter verbergen sich neue Vorschriften und gesetzliche Anforderungen, insbesondere bezüglich der Art und Weise wie Sie Mehrwertsteuer erheben, erklären und abgeführen.
Wir haben hier einige hilfreiche Informationen zusammengestellt, um etwas Licht in den Fachjargon zu bringen und Ihnen bei der Anpassung Ihrer Prozesse an die neuen EU-Mehrwertsteuer-Richtlininen für den E-Commerce ab 1. Juli zu helfen.
Was bedeutet OSS?
Was bedeutet "OSS" - also die drei letzten Buchstaben, die in allen drei Akronymen auftauchen?
OSS ist der wichtigste Begriff, den man kennen sollte, bevor man sich mit den anderen Bezeichnungen beschäftigt, denn er steht für den wichtigsten Teil der technischen Umsetzung der Mehrwertsteuerreform.
OSS steht für One-Stop-Shop, und bezeichnet die einheutliche EU-Mehrwertsteuererklärung, mit deren Einführung übrigens auch gleich die Schwellenwerte für den Fernabsatz abgeschafft wurden.
Das Verfahren wird als One-Stop-Shop oder OSS bezeichnet, weil B2C-Verkäufer nicht mehr in jedem Land, in dem sie verkaufen, komplizierte Mehrwertsteuererklärungen ausfüllen müssen, sondern nur noch eine OSS-Erklärung neben ihrer üblichen inländischen Mehrwertsteuererklärung abgeben müssen, die auch alle anderen relevanten Umsätze enthält, die nicht im Rahmen der speziellen OSS-Regelung erklärt werden können (wie beispielsweise das Halten und die Verlagerung von Lagerbeständen innerhalb der EU).
Die wichtigsten Fakten zum OSS
Der One-Stop-Shop (OSS) ersetzt und erweitert den Anwendungsbereich der derzeitigen MOSS-Regelung, die wir weiter unten erläutern.
Der OSS ist daher in zwei Kategorien unterteilt:
Union OSS
Non-Union OSS
Die Unterschiede zwischen den beiden Kategorien liegen in der Art der abgedeckten Transaktionen und darin, wer Zugang zu dem System hat.
Der Union-OSS ist gedacht für:
Verkäufer mit Sitz in der EU, für Warenlieferungen innerhalb der EU und alle Dienstleistungen an Kunden in der EU
Verkäufer mit Sitz außerhalb der EU, nur für Waren, die innerhalb der EU versandt werden
Der Nicht-Unions-OSS ist reserviert für:
Verkäufer mit Sitz außerhalb der EU, für alle Dienstleistungen, die an Kunden in der EU erbracht werden
Was müssen Sie beachten?
Nicht in der EU ansässige Personen können die vereinfachte OSS-Einreichung nutzen, indem sie sich zunächst als Nicht-Unions-Steuerzahler registrieren lassen. Dadurch können sie sich einer einzigen EU-Behörde registrieren und vierteljährliche OSS-Meldungen auf dieselbe Weise einreichen wie EU-Verkäufer im E-Commerce.
Was bedeutet IOSS?
IOSS steht für Import One-Stop Shop. Dies bezieht sich auf das Online-Portal, zu dem Verkäufer seit dem 1. Juli 2021 Zugang haben, um die neuen Mehrwertsteuerpflichten im E-Commerce zu erfüllen.
Jede Warensendung im Wert von weniger als 150 €, die von außerhalb der EU eingeführt und direkt an EU-Kunden versandt wird, ist von der Einfuhrumsatzsteuer befreit. Die Verkäufer müssen ihren Kunden lediglich die am Verkaufsort (während des Bestellvorgangs) gültige Mehrwertsteuer in Rechnung stellen.
EU-Verkäufer können solche Umsätze aus verschiedenen EU Ländern im Rahmen der IOSS-Meldung in ihrem EU Heimatland melden, anstatt sich in mehreren EU-Ländern registrieren lassen zu müssen. Auch Nicht-EU-Verkäufer müssen sich nur in einem einzigen EU-Staat für IOSS registrieren lassen, um die Mehrwertsteuer auf solche Verkäufe in mehreren EU Ländern gesammelt zu melden.
Die wichtigsten Fakten über IOSS
IOSS macht es nicht nur für Sie als Verkäufer einfacher, sondern auch für Ihre Kunden, denn sie werden nur einmal am Verkaufsort belastet. Dadurch werden unerwartete Kosten bei der Auslieferung der Waren vermieden, da die Waren einen grünen Kanal beim Zoll durchlaufen, was eine schnelle und rationelle Freigabe ermöglicht, die auch eine schnelle Lieferung an die Endkunden erlaubt.
Was müssen Sie beachten?
Seit dem 1. Juli ist die Mehrwertsteuerbefreiung für importierte Waren mit einem Wert von unter 22 € weggefallen, so dass alle in die EU eingeführten Waren bei ihrer Ankunft in der EU der Einfuhrumsatzsteuer unterliegen. Und hier liegt der Vorteil des IOSS, denn nach dieser Regelung wird die Einfuhrumsatzsteuer nicht erhoben, wenn der Wert der Sendung unter 150 € liegt.
Was bedeutet MOSS?
MOSS steht für Mini One-Stop Shop, eine fakultative Regelung für digitale Dienstleistungen, die am 1. Juli 2021 in eine OSS-Regelung umgewandelt wurde. Die MOSS-Regelung läuft seit 2015 und ermöglichte es Verkäufern ursprünglich, die Mehrwertsteuer in einem Land abzurechnen und nicht wie üblich in mehreren EU-Ländern.
Allerdings kamen nur bestimmte Arten von Dienstleistungen für die Regelung in Frage, die für Verkäufer in den folgenden Branchen galten:
Grenzüberschreitende Telekommunikation
Fernseh- und Radiosendungen
Digitale Dienstleistungen
Zu diesen Branchen gehörten Dienstleistungen wie Website-Hosting, Softwarelieferungen, Datenbankzugang, das Herunterladen von Apps oder Musik, Online-Spiele und Online-Unterricht über eine Fernunterrichtsplattform.
Die wichtigsten Fakten über MOSS
Da das MOSS-System in OSS umgewandelt wurde, wandeln viele Länder die MOSS-Registrierungen der Anbieter automatisch in OSS-Registrierungen um und ermöglichen so einen reibungslosen Übergang zwischen den beiden Systemen.
Das britische MOSS-System wurde nach dem Brexit am 1. Januar 2021 abgeschafft. Für Verkäufe, die am oder vor dem 31. Dezember 2020 getätigt wurden, gelten die Leitlinien jedoch weiterhin.
Was Sie beachten müssen
Das britische MwSt-MOSS-System kann weiterhin für Folgendes genutzt werden:
Änderung von MwSt-MOSS-Erklärungen bis zum 31. Dezember 2021
Berichtigung Ihrer Registrierungsdaten bis zum 31. Dezember 2024
Es ist wichtig, IOSS, OSS und MOSS zu verstehen, bevor man sich entscheidet, was auf die eigene Situation zutrifft und wie man während des gesamten Prozesses konform bleibt.
Wenn die neuen Informationen für Sie schwer zu verstehen sind oder Sie sich nicht sicher sind, wie sich die Änderungen der Mehrwertsteuerprozesse auf Ihr Unternehmen auswirken werden, können wir Ihnen helfen. Nehmen Sie Kontakt mit unseren Experten auf und buchen Sie ein Beratungsgespräch.
Brexit & Konsequenzen für britische Unternehmen
"One Stop Shops" wurden von der EU eingerichtet, um die Belastung für Unternehmen zu verringern, die an Verbraucher in der gesamten Union verkaufen. Anstatt sich in jedem Land für die Mehrwertsteuer registrieren zu lassen, ermöglichen One Stop Shops den Unternehmen, eine einzige Mehrwertsteuererklärung abzugeben, in der sie Verkäufe in mehreren EU-Mitgliedstaaten angeben. Am 1. Juli 2021 trat ein neuer Import One Stop Shop in Kraft und die bestehenden Mini One Stop Shops wurden reformiert.
Seit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU wird Großbritannien (GB) (d. h. England, Wales und Schottland) schon seit dem 1. Januar 2021 für Mehrwertsteuerzwecke nicht mehr als EU-Mitgliedstaat, sondern als Drittland oder "Nicht-Unionsland" angesehen. Für Unternehmen mit Sitz in Nordirland sowie für Unternehmen, die über die nordirische Grenze mit Großbritannien oder der EU Geschäfte abwickeln, gelten gesonderte Regeln. Diese Vorschriften werden hier nicht berücksichtigt, da wir hier nur auf Umsätze und Verkäufe über die Grenze zwischen Großbritannien und der EU eingehen.
One-Stop-Shop-Erklärungen sind auch nur für Umsätze zwischen Unternehmen und Verbrauchern (B2C) relevant. Umsätze zwischen Unternehmen (B2B) werden ja über die normale MwSt-Erklärung abgewickelt. "Verbraucher" sind im Allgemeinen Privatpersonen, die Waren oder Dienstleistungen für ihren persönlichen Gebrauch erwerben.
Import One Stop Shop (IOSS) & Brexit
Der Import One Stop Shop (IOSS) ist am 1. Juli 2021 in Kraft getreten. Er gilt dann, wenn Waren bis zu einem bestimmten Wert aus einem Nicht-EU-Land an einen Endverbraucher in der EU verkauft werden.
Vorherige Position
Bis Dezember 2020 unterlagen britische Unternehmen, die B2C-Waren lieferten, den EU-Vorschriften für den Fernabsatz und mussten sich in jedem Mitgliedstaat registrieren lassen, wenn sie die für den jeweiligen Mitgliedstaat geltenden Schwellenwerte für den Fernabsatz überschritten.
Seit dem 1. Januar 2021 unterliegen Waren, die von britischen Unternehmen an Verbraucher in der EU verkauft werden, bei der Einfuhr in die EU der Einfuhrumsatzsteuer. Für Fernverkäufer bedeutete dies, dass die Kunden die Einfuhrumsatzsteuer bei Erhalt der Waren und möglicherweise zudem eine Zollabfertigungsgebühr entrichten mussten.
Die Befreiung für Sendungen mit geringerem Wert (Low Value Consignment Relief, LVCR) sah eine Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer vor, was aber nur für Sendungen mit einem Wert von 22 € oder weniger galt. Diese Regelung wurde mit Wirkung vom 1. Juli 2021 abgeschafft.
Neue Regelung
Seit dem 1. Juli 2021 wird das IOSS für Lieferungen an Verbraucher in der EU bis zu einem Wert von 150 € angewendet, und Unternehmen stellen die am Verkaufsort gültige Mehrwertsteuer mit in Rechnung, anstatt dass die Kunden die Einfuhrumsatzsteuer bei der Lieferung zahlen müssen.
Unternehmen, die für das System registriert sind, reichen eine einzige IOSS-Erklärung ein, die alle relevanten EU-Verkäufe abdeckt. Die Aufnahme in das System setzt voraus, dass die Unternehmen am Verkaufsort die Mehrwertsteuer zu dem Satz des EU-Mitgliedstaates berechnen, in den die Waren eingeführt werden. Die erhobene EU-Mehrwertsteuer wird dann bei der Einreichung der MwSt-Erklärung an HMRC abgeführt, welche die erhobene EU-Mehrwertsteuer an den betreffenden EU-Mitgliedstaat weiterleitet.
Um Verzögerungen beim Zoll zu vermeiden, sollten Unternehmen sicherstellen, dass ihre eindeutige IOSS-Identifikationsnummer auf den Verpackungen bereits angegeben ist.
Der IOSS gilt hingegen aber nicht für verbrauchsteuerpflichtige Waren (z. B. Alkohol und Tabak).
Nach der neuen Regelung wird in der IOSS-Erklärung nur die Mehrwertsteuer auf Verkäufe angegeben, es gibt also keine Möglichkeit mehr, eine Vorsteuer zurückzufordern. Jegliche Vorsteuer aus den EU-Mitgliedstaaten muss direkt von der Steuerbehörde zurückgefordert werden, in der die Mehrwertsteuer im Rahmen des Systems der dreizehnten Richtlinie gezahlt wurde.
Bevor sich Unternehmen für das System anmelden, sollten sie sich über die neuesten Leitlinien informieren, um festzustellen, ob sie einen in der EU ansässigen zwischengeschalteten Fiskalvertreter beauftragen müssen, ihre IOSS-Erklärungen für sie zu bearbeiten. Es wird zudem auch davon ausgegangen, dass standardmäßig ein Vermittler erforderlich ist, was wahrscheinlich zu einem höheren Kosten- und Verwaltungsaufwand führt, jedoch können die einzelnen Mitgliedstaaten ihre eigenen Anforderungen aufstellen, so dass sich dies ständig weiterentwickelt und laufend geprüft werden muss.
Sendungen mit Wert über €150
Auf Sendungen, die von britischen Unternehmen in die EU verkauft werden und deren Wert 150 € übersteigt, ist die Einfuhrumsatzsteuer weiterhin vom Käufer zu entrichten. Es sei denn, dass britische Unternehmen meldet die Einfuhr an und berechnet die lokale Mehrwertsteuer, die in der Mehrwertsteuererklärung für das betreffende Land ausgewiesen werden muss.
(Mini) One Stop Shop erweitert
Der neue One Stop Shop (OSS), der den früheren Mini One Stop Shop ersetzt, gilt für eine viel breitere Palette von Verkäufen als der IOSS. Es gibt getrennte "Unions"- und "Nicht-Unions"-Regelungen für Unternehmen mit Sitz innerhalb und außerhalb der EU.
Britische Unternehmen, die digitale B2C-Verkäufe (Telekommunikation, Rundfunk und elektronische Dienstleistungen) in EU-Mitgliedstaaten anbieten, können die auf ihre EU-Lieferungen anfallende Mehrwertsteuer schon seit mehreren Jahren in einer einzigen vierteljährlichen Mehrwertsteuererklärung angeben, indem sie den Mini One-Stop-Shop (MOSS) nutzen. Wie beim IOSS entfällt damit die Notwendigkeit, sich in der EU mehrfach für MwSt-Zwecke registrieren zu lassen und Meldungen abzugeben.
Seit dem 1. Juli 2021 löst die MOSS-Regelung das "Mini" ab und wurde zum One Stop Shop (OSS), da sie ja jetzt auf alle B2C-Dienstleistungen ausgedehnt wurde, bei denen der Ort der Leistung in einem EU-Mitgliedstaat liegt und daher eine lokale Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt werden muss.
Dazu gehören auch Lieferungen von installierten Gegenständen, wenn die Installations- oder Montageleistung zusammen mit den Gegenständen erbracht wird. So muss z. B. ein britischer Anbieter von audiovisuellen Systemen, der ein System verkauft und es in einem Privathaushalt in der EU installiert, die lokale Mehrwertsteuer in Rechnung stellen; vor der Ausweitung der OSS gab es keine andere Möglichkeit, als sich in jedem EU-Mitgliedstaat, in dem Installationen durchgeführt wurden, registrieren zu lassen. Sie gilt auch für Dienstleistungen, bei denen die Mehrwertsteuer dort geschuldet wird, wo die Dienstleistung erbracht wird, z. B. bei einem Sänger, der bei einer Veranstaltung auftritt, oder bei einem Schulungskurs.
Diese Regelung erstreckt sich auch auf innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen, d. h. wenn eine "mehrwertsteuerpflichtige" Lieferung von Gegenständen aus einem EU-Land an einen Verbraucher in einem anderen EU-Land erfolgt. Die Regelung unterscheidet sich daher von der IOSS-Regelung, die sich nur mit aus Drittländern eingeführten Gegenständen befasst.
Wie bei der IOSS-Regelung wird in der OSS-Erklärung nur die Verkaufsmehrwertsteuer angegeben; es besteht also keine Möglichkeit, die im EU-Mitgliedstaat entstandene Vorsteuer zurückzufordern. Sie müsste direkt von der Steuerbehörde zurückgefordert werden, in der die Mehrwertsteuer im Rahmen des Systems der dreizehnten Richtlinie gezahlt wurde.
Online-Marktplätze
Seit dem 1. Juli 2021 gelten elektronische Marktplätze unter bestimmten Umständen als Anbieter für Mehrwertsteuerzwecke, sobald sie B2C-Umsätze ermöglichen. Unternehmen, die über einen Online-Marktplatz verkaufen, sollten festlegen, wer für die Erhebung und Erklärung der Mehrwertsteuer verantwortlich ist. Online-Marktplätze können auch den IOSS oder OSS verwenden, um die Mehrwertsteuer auf die entsprechenden Verkäufe abzurechnen.